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Nutzung der Bodenschätze im Norden Kanadas - kein Garant für eine dauerhafte Besiedlung


Kanada, Bodenschätze, Besiedlung, Erschließung, Goldrausch, Eisenerz

Die Förderung der Bodenschätze im Norden Kanadas hat zwar die wirtschaftliche Entwicklung Kanadas wesentlich gefördert und zum Reichtum des Landes beigetragen, sie war aber keineswegs ein Garant für eine dauerhafte Erschließung und Besiedlung des Landes.

Eine erste größere Siedlungsaktivität bewirkten Goldfunde Ende des 19. Jahrhunderts, die Ströme von Goldsuchern z. B. in die Klondike-Region im nordwestlichen Kanada lockten. Es kam zur Gründung einer Reihe von Ortschaften, auch größeren Städten. Die meisten Städte fielen jedoch nach dem Wegzug der Goldsucher in die Bedeutungslosigkeit zurück.

Von größerer Bedeutung für die Erschließung peripherer Räume Kanadas wurden die Entdeckung und Förderung von Eisenerzen, wie z. B. umfangreiche Vorkommen in Labrador am Rande der Arktis. 1945 entdeckt, wurden sie schon in den nächsten Jahren erschlossen. 1954 gelangte das erste Eisenerz über eine fast 600 km lange Bahn zur weiteren Verladung nach Sept-Iles an den St. Lorenz. Die schnelle Erschließung durch kanadische und US-amerikanische Gesellschaften, forciert durch eine drohende Erzverknappung auf dem amerikanischen Markt, war zweifelsohne eine technische Großleistung und hat gezeigt, dass es technisch und finanziell durchaus möglich ist, Bodenschätze am Rande der Ökumene unter schwierigen Bedingungen abzubauen. Das folgende Beispiel, die Stadt Shefferville, ursprünglich Zentrum des Erzabbaus in Labrador, verdeutlicht jedoch, das letztendlich wirtschaftliche Kriterien über den Bestand von Siedlungen entscheiden.

"Die Siedlung Schefferville war 1953 durch das Bergbauunternehmen Iron Ore Company of Canada aufgebaut worden und beherbergte in den Sommermonaten, in denen infolge der klimatischen Verhältnisse der Erzabbau nur stattfand, über 5.000 Menschen. Dabei waren typisch – wie auch heute noch für alle Bergbausiedlungen in der Randökumene – die hohen Migrationsraten, die Dominanz junger männlicher Arbeitskräfte und der hohe Anteil verschiedener ethnischer Gruppen.

In der weiteren Entwicklung wurden südlich von Schefferville zu Anfang der 60er Jahre neue Erzgruben in Betrieb genommen, und damit entstanden die neuen Bergbausiedlungen Gagnon, Labrador City und Warbush. Der Standort Gagnon machte eine neue Eisenbahntrasse von 310 km Länge und einen neuen Hafen, Port Cartier, notwendig. Gegenüber diesen neuen Erzlagerstätten wurde für Schefferville der Standortnachteil spürbar, der sich in Stagnation äußerte. In den Tagebauen um Schefferville ist die Erzförderung durch den Permafrost erschwert. Der hohe Feuchtigkeitsgehalt der gebrochenen Erze schränkte deren Transporte auf 6 - 10 Wochen ein. In den neuen Erzlagern dagegen ist der Permafrost nicht mehr wirksam. Des weiteren hatten sich im Zuge der technischen Entwicklung die Eisenhütten der USA auf die Beschickung der Hochöfen mit Pellets umgestellt. Diese Konzentrate erbrachten eine Transportkostenersparnis von bis zu 30 %. In Labrador City und Warbush wurden Konzentratoren errichtet, während die Eisenerze von Schefferville seit 1973 erst im Hafen von Sept Iles angereichert wurden.

Die unmittelbare Konkurrenz, aber auch die Eisenerzvorkommen Venezuelas und Brasiliens setzten der Region Schefferville in den 70er Jahren weiterhin zu. ...

Eine weitere wirtschaftliche Verschlechterung der Eisenerzmine nach 1976, die mit stark sinkender Nachfrage nach Eisenerz auf dem Weltmarkt in Verbindung zu bringen ist, löste aufgrund der großen wirtschaftlichen Unsicherheit des einzelnen Abwanderungen langjähriger Bewohner aus. So standen 1980 bereits 45 % der Wohnungen leer. Nachdem Ende 1982 die Förderung aus Rentabilitätsgründen eingestellt worden war, wurde 1983 die Siedlung Schefferville vollkommen aufgegeben." (Ewald Gläßer u. a.: Wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeiten an der Kältegrenze - dargestellt an Raumbeispielen in Nordeuropa und Kanada. In: Geographie und Schule 1988, H. 55, S. 516. Köln: Aulis)


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Norbert von der Ruhren
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 1993
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 15.05.2006